Pfarre Krems St. Paul

Heiliger PaulusDie mit 1.1.1974 im Stadtteil Krems-Mitterau neu errichtete Pfarre wählte zu ihrem Patron, ihrem Schutzherrn, den Apostel Paulus, wohl nicht (nur), weil dieser Apostel seit mehr als 500 Jahren Patron der Kremser Hauerinnung ist. Sie entschied sich damit für einen Mann, der die Menschen seit 2000 Jahren fasziniert. Einen Mann, der ebensolang umstritten ist.

Zu Unrecht umstritten: Wer ihm vorwirft, der Begründer eines Christentums fern von Jesus Christus zu sein, verkennt, dass Paulus das Fundament seiner Theologie und den Mittelpunkt seiner Verkündigung inJesus Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, sieht. Wie Jesus Christus ruft er zur Umkehr und zur Gottes- und Nächstenliebe auf. Wie für Jesus Christus kommt es ihm nicht auf den Buchstaben des Gesetzes, sondern auf den Glauben an.

Warum aber Paulus als Kirchenpatron? - Genügt dafür, dass er eine große, faszinierende Persönlichkeit der jungen Kirche war? - Was ist er uns heute?

  • Seine Berufung vor Damaskus ist ein Beispiel für die Bejahung einer Lebenswende. Paulus ist Vorbild für unbeirrtes, konsequentes Handeln im Dienst einer Sache, die man als richtig erkannt hat, auch wenn man sich dabei persönliche Nachteile einhandelt.
  • Paulus hat den entscheidenden Schritt vom Judentum hinaus in die Welt der Heiden gesetzt, hat bewirkt, dass damit aus einer kleinen Gemeinschaft innerhalb des Judentums eine Weltreligion wurde: So verdanken auch wir diesem Apostel, dass wir uns Christen nennen dürfen.
  • Seine authentischen Briefe, die lange vor den Evangelien verfasst wurden, geben - soweit darin nicht nur Zeitgebundenes enthalten ist - Antworten auf entscheidende Glaubens- und Lebensfragen.
  • Die in den Briefen zutage tretende Fürsorge für seine Gemeinden - in Thessaloniki, Korinth, Philippi usw. - zeigt uns auch, was für eine christliche Gemeinde, im heutigen Verständnis wohl eine Pfarrgemeinde, prägend sein soll: das Miteinander und Füreinander. In der paulinischen Gemeinde ist jeder Dienst, der von einem Gemeindemitglied nach seinen Fähigkeiten und Gnadengaben (Charismen) geleistet wird, Dienst an der Gemeinde. Verständnisvolle und verantwortungsbewusste Autorität ist dort erforderlich, wo es um die zentralen Aussagen des Evangeliums, um den Kern des Glaubens geht.
  • Schließlich ist sich der Apostel - hier ganz in unserer Nähe - stets seiner Schwachheit und Unvollkommenheit bewusst, weiß aber um sein Ziel: "Nicht dass ich es schon erreicht hätte oder dass ich schon vollendet wäre. Aber ich strebe danach, es zu ergreifen, weil auch ich von Christus Jesus ergriffen worden bin .... Ich vergesse, was hinter mir liegt und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung, die Gott uns in Christus Jesus schenkt" (Phil 3, 12 ff).

Dr. Heinz Steiberger, 18.07.02