Pfarre Krems St. Paul

Paulus 2025/03

Pilgerfahrt der Hoffnung

Liebe Pfarrgemeinde, liebe Freunde von Krems-St. Paul!

Die lange Faschingszeit geht langsam ihrem Ende zu, und wir stehen wieder an der Schwelle einer Fastenzeit, und zwar der österlichen Bußzeit. Dieses Jahr ist das Jahr des großen Jubiläums „1700 Jahre Glaubensbekenntnis von Nizäa“. Die Kirche lädt uns besonders ein, über unseren Glauben nachzudenken. Das Thema dieses Jubeljahres lautet: „PILGER DER HOFFNUNG“ zu sein.

Wir hier in St. Paul werden unsere Sonntagsmessen diesbezüglich gestalten. Begleitet werden sie von einem „Fastentuch“, das unser Kreuzbild verhüllen wird. Zu sehen ist die „Arche Noah - Sintflut“ vom Künstler und Priester Sieger Köder. Beginnend mit dem Aschermittwoch wollen wir unsere 40-tägige „Pilgerfahrt der Hoffnung“ begehen. Denn wie bei jeder Pilgerfahrt sehnt sich der Pilger danach, dass es am Ende zu einem positiven Ziel kommt. Das heißt, zu einer Veränderung bzw. angehenden Lösung meiner Fragen, Bedürfnisse oder Probleme. Das Ziel der Fastenzeit soll es sein, durch die Texte der Sonntage dem gläubigen Menschen eine Option aufzuzeigen, wie er zu einem „NEUEN MENSCHEN“ werden kann.

Das Bild soll das Geheimnis der Taufe wiedergeben. Das ganze Bild ist ein Abbild unseres Alltags: Wir können unser Leben als eine Art Pilgerfahrt betrachten. Als Einzelne oder als Pfarre, als Familie befinden wir uns auf der See des Lebens. Dabei begegnen uns Phänomene wie die Flut, der Untergang, die Geborgenheit in der Arche und der Regenbogen. Vieles bricht in unser Leben sintflutartig herein: Arbeitslosigkeit, Krankheit, Tod, negative Nachrichten, Katastrophen, Kriege, Dinge, mit denen wir nicht fertig werden. Sie können uns leicht in eine Art Hoffnungslosigkeit und Depression hineinziehen. Die Folge ist der Tod, im Tuch mit den Totenköpfen im dunklen Gewässer sichtbar. Noah mit seiner Arche ist auf einem Felsen aufgelaufen. Der Fels (das Wort Gottes) gibt Halt in dieser Situation. Gott birgt, schützt und belebt. Noah lernt, Gott zu vertrauen, an eine Zukunft und an eine Lebensverheißung zu glauben. Dies ist im Bild des Regenbogens zu sehen: „Ich bin mit dir“, „Ich lasse dich nicht untergehen“, „Ich nehme dich an der Hand und helfe dir“. Zentral im Bild mit der Arche sehen wir die weiße Taube, die einen Ölzweig im Schnabel hält – es ist die Botschaft von Frieden und Angenommensein. Deshalb streckt Noah seine Hände aus. Er möchte diesen Frieden von Gott umarmen und festhalten.

Das liturgische Jahr C, oder auch das Lukasjahr genannt, zeigt uns Jesus in besonderer Weise als den menschgewordenen Sohn Gottes, voll des Erbarmens und Trostes, als den Erlöser und Retter der ganzen Welt (Lk 19,10).

Das Christusbild und damit das Gottesbild, das Lukas zeichnet, ist ein Aufruf, sein eigenes Gottesbild zu überdenken und es eventuell korrigieren zu lassen. Damit verbunden zeichnet er auch ein „horizontales Gottesbild“, das darin besteht, seine Beziehung auch zum Nächsten im Sinne der Barmherzigkeit zu leben und zu praktizieren. Ist mein religiöses Gottesbild auch ein soziales? Nach Lukas besteht das Leben eines Jüngers nicht nur in der Betrachtung des barmherzigen Gottes, sondern es zu transferieren auf ein Bild des Erbarmens im Sinne „dienender Liebe“. Auch einem Feind gegenüber und auch einem Fremden soll sie geschenkt werden. Jesus, der die Ikone der Barmherzigkeit Gottes ist, wird nach Lukas zum einzigen Maßstab für ein gutes und gerechtes Leben. Damit aber der Jünger eine richtige Entscheidung treffen kann, bedarf es nach Lukas einer Orientierung am Leben Jesu. Deshalb hat der Evangelist Lukas „seine Sichtweise der Fastenzeit“ im Schwerpunkt Buße und Umkehr! (Buße, althochdeutsch „sich ändern“).

Der erste Sonntag hat den Schwerpunkt, meine Gottesbeziehung/Gottesbilder neu zu überdenken: Was oder wer ist mein „Gott“? Was zerstört meine Beziehung? Habe ich eine Gottesbeziehung? Wie pflege ich sie oder besteht sie in der Befriedigung der drei Grundtriebe: haben, herrschen und ruhmreich sein wollen?

Der zweite Sonntag hat den Schwerpunkt „Lasten“: Welche Lasten trage ich? Was lässt mich im Leben nicht frei? Wut, Ärger, Schmerz, Trauer, Sorge… Was hält mich fest und verhindert meinen Aufstieg zum Verklärungsberg? D.h. einem Gott der Barmherzigkeit zu begegnen.

Der dritte Sonntag spricht von der Barmherzigkeit Gottes im Bild „des unfruchtbaren Feigenbaums“! Was ist tot an mir und meinem geistlichen Leben? Was soll an meinem „Lebensbaum“ beschnitten werden? Welche Früchte sind da? Womit dünge ich meinen Baum, damit er besser wächst? Was soll wachsen, leben und blühen dürfen?

Der vierte Sonntag spricht dann direkt von der Barmherzigkeit des Vaters im Gleichnis vom verlorenen Sohn. Es geht um die existenzielle Frage: Braucht der Mensch Gott? Oder genügen die Grundbedürfnisse? Wenn Gott Ja – welche Auswirkungen hat es auf mein Leben? Es geht um ein „gesundes Gottes- und Menschenbild“.

Der fünfte Sonntag, oder auch Passionssonntag genannt (weil der Schwerpunkt auf das Leid/Tod liegt), spricht von der Ehebrecherin, die beim Ehebruch ertappt wurde und gesteinigt werden soll. WO zeigt sich hier die Barmherzigkeit Gottes?

Unter „Schuld“ versteht jeder etwas anderes. Die Bibel hat dafür mehrere Begriffe, wie z.B. „vom Weg abkommen“ oder „das Ziel verfehlen“ und damit auch seine Berufung als Mensch. Daher empfindet sie jeder anders. Sie kann sich manchmal auch wie schwere „Schlepp-Steine“ anfühlen, die lähmen und am Leben hindern – solche Steine erdrücken! Viel schlimmer sind aber die Spottsteine, Steine der Verachtung und Verurteilung! Wenn wir uns das Evangelium zu Gemüte führen und uns in die Frau hineinversetzen, denke ich, sie ist schon lebendig gesteinigt! Erst sich so erniedrigen zu müssen, dann die einseitige Verurteilung – nicht nur sie, sondern auch der Mann hat gesündigt, wo bleibt er? Ungeschoren versteckt! Der Spott und die Blicke der Menschen und Pharisäer! So kann ich zurecht sagen, sie ist als „lebendig gesteinigt“ tot!

Wie reagiert Jesus mit seiner Barmherzigkeit auf diese Situation? Er fragt nicht nach der Schuld, sondern sieht auf ihr Inneres, die Sehnsucht nach Liebe, Vergebung und Leben! Seine Vergebung und Wertschätzung lassen die Frau neu aufleben und ins Leben zurückkehren! Jesus möchte nicht nur, dass diese Frau frei wird, sondern dass sie ihre Berufung und Würde als Frau wiedererlangt! Erlaube ich es Gott, die Steine meines Lebens zu entfernen?

Jeder möchte oder hat die Sehnsucht, neu aufleben zu wollen, aufatmen zu können. Die Fastenzeit bietet uns dafür eine geeignete Chance. Nutzen wir sie!

Mit diesen wenigen Gedanken wünsche ich Ihnen einen gesegneten Beginn der Fastenzeit und hoffe auf ein freudiges und jauchzendes Halleluja!

Ihr Pfr. Nikolaus Vidovic