Pfarre Krems St. Paul

Monatsblatt 2021/12

Advent und Weihnachten

„Wie soll ich dich empfangen
und wie begegn‘ ich dir?
O aller Welt Verlangen.
O meiner Seelen Zier!“

Schon wieder ist ein Jahr, ein Kirchenjahr, vorüber. Es naht der Advent: Zeit der Unterbrechung aus dem normalen Alltagstrott, Zeit der Erwartung. Eine heilige Zeit, wie es in den Kirchenliedern oft besungen wird. Eine Zeit, in der die Uhren eigentlich anders gehen sollten, in der wir aufgerufen sind, innezuhalten, in uns hineinzuhören oder, wie es die Evangelien in der Adventzeit sagen, wir sollen wachsam sein, Ausschau halten, leben auf ein Ziel hin.

Wen soll ich empfangen? Wie soll ich Ihn erwarten?

Der evangelische Theologe und Mystiker Paul Gerhardt schrieb diese Verse des Adventliedes, welches Johann Sebastian Bach im Weihnachtsoratorium im einfachen Choral der Melodie der Fastenzeit „O Haupt voll Blut und Wunden“ vertont hat. Der Zuhörer mag sich fragen warum? Was sucht dieser Choral im Weihnachtsoratorium? Müsste es da nicht viel freundlicher klingen und nicht schon nach Leid?! Es hat einen zweifachen Grund, der erste ist der theologische den Bach hier schon ankündigen will, denn mit der Geburt Jesu beginnt schon die Erlösung des Menschen und der zweite ist der spirituelle, der auch uns heute betrifft, die Frage, die ich hier im Artikel aufrollen möchte!

Auf jemanden zu warten ist nicht immer einfach. Einerseits, ist die Zeit immer (zu) kurz, bedingt durch den Terminstress, um nicht die Liste zu verlängern. Ich denke jede/r kennt ihre/seine „Liste(n)“, die sie/er vor Weihnachten abarbeiten will. Anderseits sollte es eine Zeit der spirituellen Sammlung sein und sinnvoll genutzt werden. Da kann schon mal die schönste Zeit des Jahres auch zu einer Zeit der Passion werden. Jeder möchte sich schon optimal vorbereiten, um den wichtigen Augenblick nicht zu verpassen und was noch wichtiger ist, dass das Gemüt auch noch in der nötigen Verfassung sein muss. Hoffentlich wissen wir dann noch, wen wir an Weihnachten empfangen?!

Jesus, den Sohn Gottes!

Stellt sich die Frage: „Gibt es eine Übung der ‚Sehnsucht‘ und des ‚Verlangens‘?“ Oder ist das mehr eine innere Haltung? Ist das nicht schmerzhaft, jemanden mit Sehnsucht zu erwarten und man kommt dabei drauf, es ist vielleicht nicht genügend getan worden? So könnte eine leicht deprimierende Stimmung aufkommen oder sogar eine Traurigkeit!

Die Antwort bringt Jesus selber: Gott ist Mensch geworden und nicht ein Perfektionist! Werde auch Du zu einem Menschen nach dem Beispiel Jesu. Das heißt, habe einen herzlichen Blick für den Menschen und den Tag und achte auf die Gesten der Hilfsbedürftigkeit deiner Nächsten. Dabei verändert sich das Verhältnis zum Leben. Dann erleben wir, wie die Zeit „der Sehnsucht“ und „des Verlangens“ zu einem Geschenk für andere wird! Da kommt im Inneren eine freudenvolle Stimmung auf, die sich auf alle überträgt.

Wer sich dabei schwer tut oder vielleicht eine Anregung benötigt, wie er es angehen soll, dem kann unsere diesjährige Adventzeit eine gute Hilfe sein! Das Thema „Empfangen und Erwarten“ wird veranschaulicht durch eine „Hausfassaden“ Art mit vier Fenstern. Sonntag um Sonntag werden Fenster geöffnet, das jeweils eine „Etappe mit Symbolen“ auf Weihnachten hin darstellen soll. Es geht hierbei darum, Modelle der individuellen Nachahmung Jesu aufzuzeigen. Damals haben die Menschen das Empfangen und die Sehnsucht zu einer inneren Haltung gemacht. Könnten wir unsere Zeit auch so gestalten?! Könnten auch wir gewisse Situationen, die in unserem Leben auf uns zukommen, in herzliche Augenblicke für unsere Mitmenschen gestalten?! Durch die vier Adventsonntage sind wir eingeladen, sensibel für die Gegenwart Gottes in unserem Leben zu werden. Angeregt durch die biblischen-liturgischen Texte, Lieder, Bilder und szenischen Darstellungen, einfach gesagt mit allen Sinnen, sollen und dürfen wir uns auf Weihnachten vorbereiten.

Wir laden Sie recht herzlich zu diesen gestalteten Messen ein, sie dienen als eine Art besinnliche Vorbereitung auf Weihnachten.

Ihr Pfarrer Nikolaus Vidovic