Pfarre Krems St. Paul

Der Brief an die Philipper

Paulus gründete die Gemeinde von Philippi (Ostmazedonien) als erste christliche Gemeinde auf europäischen Boden bei seiner zweiten Missionsreise um das Jahr 50. Die Gemeinde wuchs ihm besonders ans Herz. Nur von ihr ließ er sich unterstützen, auf finanziell. Den Brief an die Philipper schrieb er im Gefängnis, wahrscheinlich in Ephesus, um 55 n.Chr. Die Auffassung, der Brief sei erst in römischer Gefangenschaft des Apostels abgefasst worden, ist heute weithin aufgegeben. Zwar erfahren wir aus der Apostelgeschichte nichts über eine Gefangenschaft in Ephesus, aber Andeutungen in den Briefen des Apostels Paulus lassen darauf schließen (1 Kor 15,32; vor allem 2 Kor 1,8-10; vgl. auch 2 Kor 11,22-33). Den Anlass des Briefs bildete der Wunsch der Christen in Philippi, vor ihrem Apostel, der im Gefängnis saß, Näheres über sein Schicksal zu erfahren, sowie eine Geldspende, die sie durch Epaphroditus überbringen ließen. Auch das Eindringen von Irrlehren bewog Paulus zur Abfassung dieses Schreibens. Nach Dank und Fürbitte (1,3-11) spricht Paulus von seinem Schicksal. Er tut dies so, dass er sein Los mit dem Evangelismus verknüpft (1,12-26). Er mahnt zur Einheit und stellt in einem hymnischen Text der Gemeinde den Weg Christi, des Gottessohnes und erhöhten Herrn, vor Augen. An ihm hat sie durch den Glauben Anteil gewonnen (1,27 - 2,18). Sodann spricht er über seine persönlichen Pläne (2,19-30). Im 3. Kapitel nimmt er mit außerordentlich scharfen Worten Stellung gegen christliche Wanderprediger, die Irrlehren verbreiten, und weist auf die Gefahr hin, die dadurch der Kirche droht. Abschließend wendet er sich an einzlene Gemeindemitglieder, die ihm Sorge bereiten, und bedankt sich für die empfangene Gabe (Kap. 4). Der besondere Wert des Briefs liegt darin, dass er uns Einblick verschafft in das persönliche Wollen und Denken des Menschen und Christen Paulus. Der bekannteste und wichtigste Text ist das Christuslied in 2,6-11. Theologisch bedeutsam ist daneben die Erwartung des Paulus im Hinblick auf sein Ergehen nach dem Tod (1,19-26) und auf seine Gemeinschaft mit Christus (3,7-21).

 

Anschrift und Gruß (1,1-2)

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1 Paulus und Timotheus, Knechte Christi Jesu, an alle Heiligen in Christus Jesus, die in Philippi sind, mit ihren Bischöfen und Diakonen. 2Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.

Der Apostel und sein Evangelium (1,3-26)

Dank und Fürbitte 3 Ich danke meinem Gott jedes Mal, wenn ich an euch denke; 4 immer, wenn ich für euch alle bete, tue ich es mit Freude 5 und danke Gott dafür, dass ihr euch gemeinsam für das Evangelium eingesetzt habt vom ersten Tag an bis jetzt. 6 Ich vertraue darauf, dass er, der bei euch das gute Werk begonnen hat, es auch vollenden wird bis zum Tag Christi Jesu. 7 Es ist nur recht, dass ich so über euch alle denke, weil ich euch ins Herz geschlossen habe. Denn ihr alle habt Anteil an der Gnade, die mir durch meine Gefangenschaft und die Verteidigung und Bekräftigung des Evangeliums gewährt ist. 8 Gott ist mein Zeuge, wie ich mich nach euch allen sehne mit der herzlichen Liebe, die Christus Jesus zu euch hat. 9 Und ich bete darum, dass eure Liebe immer noch reicher an Einsicht und Verständnis wird, 10 damit ihr beurteilen könnt, worauf es ankommt. Dann werdet ihr rein und ohne Tadel sein für den Tag Christi, 11 reich an der Frucht der Gerechtigkeit, die Jesus Christus gibt, zur Ehre und zum Lob Gottes.

Paulus, Verkünder der Frohen Botschaft 12 Ihr sollt wissen, Brüder, dass alles, was mir zugestoßen ist, die Verbreitung des Evangeliums gefördert hat. 13 Denn im ganzen Prätorium und bei allen Übrigen ist offenbar geworden, dass ich um Christi willen im Gefängnis bin. 14 Und die meisten der Brüder sind durch meine Gefangenschaft zuversichtlich geworden im Glauben an den Herrn und wagen umso kühner, das Wort Gottes furchtlos zu sagen. 15 Einige verkündigen Christus zwar aus Neid und Streitsucht, andere aber in guter Absicht. 16 Die einen predigen Christus aus Liebe, weil sie wissen, dass ich zur Verteidigung des Evangeliums bestimmt bin, 17 die andern aus Ehrgeiz, nicht in redlicher Gesinnung; sie möchten die Last meiner Ketten noch schwerer machen. 18 Aber was liegt daran? Auf jede Weise, ob in unlauterer oder lauterer Absicht, wird Christus verkündigt und darüber freue ich mich. Aber ich werde mich auch in Zukunft freuen. 19 Denn ich weiß: Das wird zu meiner Rettung führen durch euer Gebet und durch die Hilfe des Geistes Jesu Christi. 20 Darauf warte und hoffe ich, dass ich in keiner Hinsicht beschämt werde, dass vielmehr Christus in aller Öffentlichkeit - wie immer, so auch jetzt - durch meinen Leib verherrlicht wird, ob ich lebe oder sterbe. 21 Denn für mich ist Christus das Leben und Sterben Gewinn. 22 Wenn ich aber weiterleben soll, bedeutet das für mich fruchtbare Arbeit. Was soll ich wählen? Ich weiß es nicht. 23 Es zieht mich nach beiden Seiten: Ich sehne mich danach, aufzubrechen und bei Christus zu sein - um wie viel besser wäre das! 24 Aber euretwegen ist es notwendiger, dass ich am Leben bleibe. 25 Im Vertrauen darauf weiß ich, dass ich bleiben und bei euch allen ausharren werde, um euch im Glauben zu fördern und zu erfreuen, 26 damit ihr euch in Christus Jesus umso mehr meiner rühmen könnt, wenn ich wieder zu euch komme.

Verschiedene Mahnungen (1,27 - 2,18)

Aufruf zur Eintracht 27 Vor allem: Lebt als Gemeinde so, wie es dem Evangelium Christi entspricht. Ob ich komme und euch sehe oder ob ich fern bin, ich möchte hören, dass ihr in dem einen Geist feststeht, einmütig für den Glauben an das Evangelium kämpft 28 und euch in keinem Fall von euren Gegnern einschüchtern lasst. Das wird für sie ein Zeichen dafür sein, dass sie verloren sind und ihr gerettet werdet, ein Zeichen, das von Gott kommt. 29 Denn euch wurde die Gnade zuteil, für Christus da zu sein, also nicht nur an ihn zu glauben, sondern auch seinetwegen zu leiden. 30 Denn ihr habt den gleichen Kampf zu bestehen, den ihr früher an mir gesehen habt und von dem ihr auch jetzt hört.

 

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1 Wenn es also Ermahnung in Christus gibt, Zuspruch aus Liebe, eine Gemeinschaft des Geistes, herzliche Zuneigung und Erbarmen, 2 dann macht meine Freude dadurch vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, einander in Liebe verbunden, einmütig und einträchtig, 3 dass ihr nichts aus Ehrgeiz und nichts aus Prahlerei tut. Sondern in Demut schätze einer den andern höher ein als sich selbst. 4Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen.

Das Beispiel Christi 5 Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht: 6 Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, 7 sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; 8 er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. 9 Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, 10 damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu 11 und jeder Mund bekennt "Jesus Christus ist der Herr" - zur Ehre Gottes, des Vaters.

Die Sorge des Apostels um das Heil der Gemeinde 12 Darum, liebe Brüder - ihr wart ja immer gehorsam, nicht nur in meiner Gegenwart, sondern noch viel mehr jetzt in meiner Abwesenheit -: müht euch mit Furcht und Zittern um euer Heil! 13 Denn Gott ist es, der in euch das Wollen und das Vollbringen bewirkt, noch über euren guten Willen hinaus. 14 Tut alles ohne Murren und Bedenken, 15 damit ihr rein und ohne Tadel seid, Kinder Gottes ohne Makel mitten in einer verdorbenen und verwirrten Generation, unter der ihr als Lichter in der Welt leuchtet. 16 Haltet fest am Wort des Lebens, mir zum Ruhm für den Tag Christi, damit ich nicht vergeblich gelaufen bin oder mich umsonst abgemüht habe. 17 Wenn auch mein Leben dargebracht wird zusammen mit dem Opfer und Gottesdienst eures Glaubens, freue ich mich dennoch und ich freue mich mit euch allen. 18 Ebenso sollt auch ihr euch freuen; freut euch mit mir!

Die Pläne des Apostels (2,19-30)

19 Ich hoffe aber im Vertrauen auf Jesus, den Herrn, dass ich Timotheus bald zu euch schicken kann, damit auch ich ermutigt werde, wenn ich erfahre, wie es um euch steht. 20 Ich habe keinen Gleichgesinnten, der so aufrichtig um eure Sache besorgt ist; 21 denn alle suchen ihren Vorteil, nicht die Sache Jesu Christi. 22 Ihr wisst ja, wie er sich bewährt hat: Wie ein Kind dem Vater - so hat er mit mir zusammen dem Evangelium gedient. 23 Ihn also hoffe ich schicken zu können, sobald ich meine Lage übersehe. 24 Doch ich habe die Zuversicht im Herrn, dass auch ich bald kommen kann. 25 Ich hielt es aber für notwendig, Epaphroditus, meinen Bruder, Mitarbeiter und Mitstreiter, euren Abgesandten und Helfer in meiner Not, zu euch zu schicken. 26 Er sehnte sich danach, euch alle wieder zu sehen, und war beunruhigt, weil ihr gehört hattet, dass er krank geworden war. 27 Er war tatsächlich so krank, dass er dem Tod nahe war. Aber Gott hatte Erbarmen mit ihm, und nicht nur mit ihm, sondern auch mit mir, damit ich nicht vom Kummer überwältigt würde. 28 Umso mehr beeile ich mich, ihn zu schicken, damit ihr euch wieder freut, wenn ihr ihn seht, und auch ich weniger Kummer habe. 29 Nehmt ihn also im Herrn mit aller Freude auf und haltet Menschen wie ihn in Ehren, 30 denn wegen seiner Arbeit für Christus kam er dem Tod nahe. Er hat sein Leben aufs Spiel gesetzt, um zu vollenden, was an eurem Dienst für mich noch gefehlt hat.

 

Das Leben des Christen - Das Vorbild des Apostels (3,1 - 4,9)

Standhaftigkeit im Glauben

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1 Vor allem, meine Brüder, freut euch im Herrn! Euch immer das Gleiche zu schreiben wird mir nicht lästig, euch aber macht es sicher. 2 Gebt Acht auf diese Hunde, gebt Acht auf die falschen Lehrer, gebt Acht auf die Verschnittenen! 3 Denn die Beschnittenen sind wir, die wir im Geist Gottes dienen und uns in Christus Jesus rühmen und nicht auf irdische Vorzüge vertrauen, 4 obwohl ich mein Vertrauen auch auf irdische Vorzüge setzen könnte. Wenn ein anderer meint, er könne auf irdische Vorzüge vertrauen, so könnte ich es noch mehr. 5 Ich wurde am achten Tag beschnitten, bin aus dem Volk Israel, vom Stamm Benjamin, ein Hebräer von Hebräern, lebte als Pharisäer nach dem Gesetz, 6verfolgte voll Eifer die Kirche und war untadelig in der Gerechtigkeit, wie sie das Gesetz vorschreibt.

Sehnsucht nach voller Gemeinschaft mit Christus 7 Doch was mir damals ein Gewinn war, das habe ich um Christi Willen als Verlust erkannt. 8 Ja noch mehr: ich sehe alles als Verlust an, weil die Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, alles übertrifft. Seinetwegen habe ich alles aufgegeben und halte es für Unrat, um Christus zu gewinnen 9 und in ihm zu sein. Nicht meine eigene Gerechtigkeit suche ich, die aus dem Gesetz hervorgeht, sondern jene, die durch den Glauben an Christus kommt, die Gerechtigkeit, die Gott aufgrund des Glaubens schenkt. 10 Christus will ich erkennen und die Macht seiner Auferstehung und die Gemeinschaft mit seinen Leiden; sein Tod soll mich prägen. 11 So hoffe ich, auch zur Auferstehung von den Toten zu gelangen. 12 Nicht dass ich es schon erreicht hätte oder dass ich schon vollendet wäre. Aber ich strebe danach, es zu ergreifen, weil auch ich von Christus Jesus ergriffen worden bin. 13 Brüder, ich bilde mir nicht ein, dass ich es schon ergriffen hätte. Eines aber tue ich: Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. 14 Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung, die Gott uns in Christus Jesus schenkt. 15 Das wollen wir bedenken, wir Vollkommenen. Und wenn ihr anders über etwas denkt, wird Gott euch auch das offenbaren. 16 Nur müssen wir festhalten, was wir erreicht haben. 17 Ahmt auch ihr mich nach, Brüder, und achtet auf jene, die nach dem Vorbild leben, das ihr an uns habt. 18 Denn viele - von denen ich oft zu euch gesprochen habe, doch jetzt unter Tränen spreche - leben als Feinde des Kreuzes Christi. 19 Ihr Ende ist das Verderben, ihr Gott der Bauch; ihr Ruhm besteht in ihrer Schande; Irdisches haben sie im Sinn. 20 Unsere Heimat aber ist im Himmel. Von dorther erwarten wir auch Jesus Christus, den Herrn, als Retter, 21 der unseren armseligen Leib verwandeln wird in die Gestalt seines verherrlichten Leibes, in der Kraft, mit der er sich alles unterwerfen kann.

 

Christliche Grundhaltungen

4

1 Darum, meine geliebten Brüder, nach denen ich mich sehne, meine Freude und mein Ehrenkranz, steht fest in der Gemeinschaft mit dem Herrn, liebe Brüder. 2 Ich ermahne Evodia und ich ermahne Syntyche, einmütig zu sein im Herrn. 3 Ja, ich bitte auch dich, treuer Gefährte, nimm dich ihrer an! Sie haben mit mir für das Evangelium gekämpft, zusammen mit Klemens und meinen anderen Mitarbeitern. Ihre Namen stehen im Buch des Lebens. 4 Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch! 5 Eure Güte werde allen Menschen bekannt. Der Herr ist nahe. 6 Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott! 7 Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in der Gemeinschaft mit Christus Jesus bewahren. 8 Schließlich, Brüder: Was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert ist, darauf seid bedacht! 9 Was ihr gelernt und angenommen, gehört und an mir gesehen habt, das tut! Und der Gott des Friedens wird mit euch sein.

Dank des Apostels (4,10-20)

10 Ich habe mich im Herrn besonders gefreut, dass ihr eure Sorge für mich wieder einmal entfalten konntet. Ihr hattet schon daran gedacht, aber es fehlte euch die Gelegenheit dazu. 11 Ich sage das nicht, weil ich etwa Mangel leide. Denn ich habe gelernt, mich in jeder Lage zurechtzufinden: 12 Ich weiß Entbehrungen zu ertragen, ich kann im Überfluss leben. In jedes und alles bin ich eingeweiht: in Sattsein und Hungern, Überfluss und Entbehrung. 13 Alles vermag ich durch ihn, der mir Kraft gibt. 14 Trotzdem habt ihr recht daran getan, an meiner Bedrängnis teilzunehmen. 15 Ihr wisst selbst, ihr Philipper, dass ich beim Beginn der Verkündigung des Evangeliums, als ich aus Mazedonien aufbrach, mit keiner Gemeinde durch Geben und Nehmen verbunden war außer mit euch 16 und dass ihr mir in Thessalonich und auch sonst das eine und andere Mal etwas geschickt habt, um mir zu helfen. 17 Es geht mir nicht um die Gabe, es geht mir um den Gewinn, der euch mit Zinsen gutgeschrieben wird. 18 Ich habe alles empfangen und habe jetzt mehr als genug. Mir fehlt nichts mehr, seit ich von Epaphroditus eure Gaben erhielt, ein schönes Opfer, eine angenehme Opfergabe, die Gott gefällt. 19 Mein Gott aber wird euch durch Christus Jesus alles, was ihr nötig habt, aus dem Reichtum seiner Herrlichkeit schenken. 20 Unserem Gott und Vater sei die Ehre in alle Ewigkeit! Amen.

Der Schluss des Briefes: Grüße und Segenswunsch (4,21-23)

21 Grüßt jeden Heiligen in Christus Jesus! Es grüßen euch die Brüder, die bei mir sind. 22 Es grüßen euch alle Heiligen, besonders die aus dem Haus des Kaisers. 23 Die Gnade Jesu Christi, des Herrn, sei mit eurem Geist!