„Ach, du liebe Zeit!“ - „Meine Zeit steht in deinen Händen!“ (Ps 31)
Liebe Pfarrgemeinde, liebe Freunde von Krems-St. Paul!
Ich glaube, dass Sie diesen Satz schon öfter gehört oder selbst ausgesprochen haben. Und vielleicht haben Sie sich dabei gefragt: Habe ich meine Zeit gut eingeteilt? Aber wie teilt man Zeit überhaupt ein?
Wir Menschen versuchen oft, ein wenig „Gott zu spielen“, indem wir über unsere Zeit bestimmen wollen – und stellen dabei immer wieder fest, dass wir sie doch nicht ganz in den Griff bekommen. Ohne eine straffe Zeitplanung würden Sie diese Ausgabe des Pfarrblattes jetzt nicht in Händen halten!
Jeder kennt die morgendliche Situation: Der Wecker reißt uns aus dem Schlaf, dann bestimmen Arbeitszeiten, die Stundenpläne der Kinder, fixierte Konferenzen, Amts- und Arzttermine wie unsere Tage ablaufen.
Gerne flüchten wir uns in den Traum von einer erfüllten Zeit – anstelle eines vollgestopften Terminkalenders. Die Lebenszeit, die uns von Gott geschenkt wurde, möchte jeder sinnvoll nutzen.
Wir leben eigentlich in zwei Zeiten: Zum einen ist da die Uhrzeit, nach der wir unser Einkommen und unseren Wohlstand erwirtschaften. Wir messen Zeit in Geld, in Arbeitsstunden oder Zinsen.
Zum anderen leben wir aber auch in der Zeit, die uns die Natur mitgegeben hat. Wir könnten nicht nur unterwegs sein, ohne zu schlafen. Unsere menschliche Natur zwingt uns zu gewissen Zeiten des Innehaltens – auch wenn es sich manchmal wie ein Zwang anfühlt. Doch genau das kann etwas Befreiendes haben: die eigene „Zeitnatur“ zu leben. Sie macht das Leben abwechslungsreich und ansprechend.
Dabei denke ich auch an die vielen Feste, die vor uns liegen: das Kirchweihfest, Erntedank, Allerheiligen, Allerseelen, St. Martin – und dann die Adventzeit. Das ist nicht nur eine Zeit, um sich selbst zu erleben und ganz bei sich zu sein, sondern auch, um anderen zu begegnen. Begegnungen, die unser Leben erfüllter und glücklicher machen. Für andere gelebte Zeit hat bleibenden Wert.
So darf ich – wie bereits vor der Sommerpause angekündigt – mit Beginn des neuen Arbeitsjahres die vier Pastoralassistentinnen und -assistenten begrüßen, die ihren Dienst in den Kremser Pfarren begonnen haben. Mit ihrem Engagement, ihrer Zeit und ihren Fähigkeiten sollen sie unsere Stadtpfarren bereichern und begeistern. Geben wir ihnen die nötige Zeit!
Das Lied zu Psalm 31 – „Meine Zeit steht in deinen Händen“ – zeigt: Der Dichter dieses Liedes muss die Problematik der Zeit gut gekannt haben. Vielleicht ist ihm selbst auch einmal die Zeit entglitten? Doch was aus dem Lied deutlich wird, ist ein Vertrauen – ein Vertrauen in Gottes Zeitmanagement. Dieses Lied lädt uns ein, über unser Gottvertrauen nachzudenken.
Was wäre das für ein Vertrauen, wenn sich immer alles wunderbar und nahtlos fügte? Jesus wusste, dass wir täglich um das „tägliche Brot“ bitten müssen – weil jeder Tag seine eigene Plage hat. Unsere Sorgen, Ängste und Schmerzen sind nur in kleinen, täglichen Portionen ertragbar. Und es tut gut zu wissen, dass Gott uns jeden Tag aufs Neue eine „neue Zeit“ schenkt.
So wird Zeit für uns zum Geschenk – zu innerer Freiheit, Gelassenheit und einem intensiveren Zeiterleben.
Ich wünsche uns allen für die kommende Zeit und das neue Arbeitsjahr viele erfüllte Stunden, Tage, Wochen und Monate.
Ihr Pfr. Nikolaus Vidovic