Pfarre Krems St. Paul

Entwicklungshilfe ist Hilfe zur Selbsthilfe.

So weit, so gut. Aber will jeder Hilfe? Viele Menschen, Gemeinschaften, Völker und Staaten wollen vielleicht keine Hilfe. Sie wollen selbst ihr Leben führen wie bisher und allein einen Weg finden, in dieser Welt zu bestehen!

Die vielen Flüchtlinge in der Welt sagen etwas anderes. Nicht nur die Flüchtlinge über die Grenzen, sondern auch die vom Land in die Städte, um die herum die Slums laufend größer werden. Schon allein das Interesse an neuen und fremden Dingen ist Grund für einen Ortswechsel, besonders von jungen Leuten. Die Globalisierung bringt Informationen über andere Lebensformen und Standards in den letzten Winkel der Welt. Im TV scheint alles so leicht zu erreichen und einfach zu verwenden. Luxusgüter, ein Leben ohne traditionelle Vorschriften, bessere Aussichten und ein anderes Weltbild sind Motive für die „Flucht" aus der gewohnten Umgebung. Die Voraussetzung für die Teilnahme an diesen „Segnungen der Zivilisation" ist jedoch die Beherrschung der grundlegenden Kulturtechniken des Lesens, Schreibens und Rechnens. Ohne diese gibt es nur einen bescheidenen Platz in der Gesellschaft, die global von Leistung und Erfolg bestimmt wird. Hier gibt es einen großen Bedarf an Schulung und Ausbildung, der überall stark nachgefragt wird.

Leider gibt es noch andere Gründe für die Flucht von zu Hause. Die große Dürre und die darauf folgende Hungerkatastrophe in Ostafrika sind ein Beispiel dafür. Unterdrückung, Ausbeutung, Diskriminierung, Verfolgung und wirtschaftliche Not ohne Besserungsaussichten sind weitere Gründe für Flüchtlingsströme. Da diese Probleme in großem Ausmaß auftreten, können sie nur in großem Ausmaß bekämpft werden. Hier wird Hilfe weltweit gefordert. Zunächst Soforthilfe zum Überleben: Lebensmittel, Medikamente, Wasseraufbereitungsanlagen, Zelte, Decken u.ä.. Die Welt und auch Österreich helfen immer wieder, wie bei den vergangenen Katastrophen zu beobachten war. Aber gleichzeitig ist auch Entwicklungshilfe für Nachhaltigkeit notwendig: Saatmittel, Werkzeug, Transportgeräte, Kleinkredite u.ä.. Leider kommt letztere aus Aktualitätsgründen gegenüber der Soforthilfe in den Medien aber auch in den Anstrengungen immer wieder zu kurz.

Schon aus ökonomischen, also materiellen Gründen ist eine Unterstützung von notleidenden Menschen und Gemeinschaften sinnvoll. Not macht erfinderisch, heißt es, aber die Auswege aus existentieller Aussichtslosigkeit führen meist in

die Gewalt und Kriminalität. Und großflächige Gewalt kann den regionalen Frieden stören. Mit allen Auswirkungen auf die Nachbarn und eigentlich die ganze Welt. Daher ist eine Entwicklungshilfe auch ein Beitrag zum Frieden.

Die Wirtschaft strebt nach Wachstum und Ausweitung. Arme Leute und Staaten sind keine Abnehmer von Produkten oder Partner für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Entwicklungshilfe ist auch eine Investition in zukünftige Partner und Märkte. Aber langfristige Anstrengungen sind in unserer kurzlebigen Zeit, besonders in der Wirtschaft, nicht gefragt. Der Erfolg muss möglichst bald eintreten und auch materiell messbar sein. In unserer Denkweise ist die menschliche Dimension gegenüber der materiellen, besonders der finanziellen Wertung ins Hintertreffen geraten. Deutlicher Hinweis darauf ist die Betrachtung der Mitarbeiter in modernen Betrieben primär als Kostenfaktor und weniger als Person mit Fähigkeiten und menschlichen Qualitäten. Das Unbehagen darüber ist vielfach zu spüren und wird auch häufig schon ausgesprochen.

Uns Christen ist nach der Liebe zu Gott die Nächstenliebe aufgetragen: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst (Mt.22,39)." Und deutlicher: „Was immer ihr einen dieser meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan (Mt.25,40)." Und fast schon drohend: „Was immer ihr einem dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr mir nicht getan (Mt.25,45)." Viele vorbildliche Menschen = Heilige haben ihren irdischen Besitz nahezu verschenkt, um die Armut der Mitmenschen zu lindern. Solche Beispiele sind für ein normales Familien- und Erwerbsleben nicht nachvollziehbar. Aber es sollte eine Aufforderung für uns sein, im Rahmen unserer Möglichkeiten tätig zu werden.

Was also kann getan werden? Ich denke dreierlei:

Zunächst Augen und Ohren öffnen für die vielfältigen Informationen aus der einen Welt. Die Globalisierung bringt Nachrichten und Berichte aus den letzten Winkeln der Welt zu uns. Fernsehen und Radio, Zeitungen und Bücher und auch Urlaubsreisen zeigen uns das Leben und Arbeiten anderer Menschen. Bleiben wir nicht an den Äußerlichkeiten hängen, sondern sehen wir tiefer auf die Zusammenhänge und Probleme der Menschen.

Weiters können wir unser Herz öffnen. Legen wir unseren Schutzpanzer und die Gleichgültigkeit ab und lassen wir die Nöte und Sorgen der Menschen in uns eindringen. Nehmen wir deren Probleme ernst und stellen wir uns vor, was wir in deren Situation empfinden würden. Wären wir dann nicht dankbar für eine Zuwendung und eine Hilfe von außen?

Schließlich können wir unsere Hand öffnen. Es gibt viele Organisationen, die hier und vor Ort vertreten sind. Sie garantieren die sinnvolle Verwendung von Spenden im Sinne von Unterstützung zur Selbsthilfe und Nachhaltigkeit. Gesetzlich sind diesen Organisationen Jahresberichte mit Projektlisten und Abrechnungen vorgeschrieben. Diese werden auf Anforderung zugesendet. Gerade die kleinen Schritte haben die beste Effektivität. Das Argument vom Tropfen auf dem heißen Stein ist so nicht richtig. Denn viele Tropfen ergeben einen Regen und dieser spendet überall Leben.

DI Franz Vondrovec